Wie aus einem Liebling zwei wurden.
„Ich möchte definitiv kein zweites Kind.“ „E soll immer meine Nummer 1 bleiben und das wird er auch.“ „Ich glaube nicht, dass man seine Kinder gleich stark liebt, man hat doch immer einen Liebling.“ „Ich will meine Liebe nicht teilen müssen.“
So und so ähnlich hat man mich die ersten zwei Jahre als Mama reden hören.
Und doch haben sich Johannes und ich im Sommer letzten Jahres ganz pragmatisch für ein Geschwisterkind entschieden, eben um des Geschwistersein-Willens. Dass das nun aber so schnell dazu kommen würde hat uns doch ganz schön überrannt.
Die zweite Schwangerschaft war nicht so ein entspannter Spaziergang wie die erste,auch wenn sie viel mehr nebenbei lief. Jede Sekunde Zwei- und Dreisamkeit sog ich auf; ‚Phine, wenn erstmal der Wurm da ist wird alles anders und E steht erstmal hinten an. Da muss er dann durch. Da mussten ja alle großen Geschwister dieser Welt durch. Aber ob er das wohl verkraftet?‘, hab ich mich oft gefragt.
Ich versuchte ganz bewusst, E noch eine gewisse Exklusivität zu geben, bevor sich unser aller Leben erneut schlagartig ändern würde und er die zweite Geige spielen müsse.
1 + 1 = 4
Und dann war es auf einmal soweit. O war da – klein, zerbrechlich, schutzbefohlen und E war mit seinen 3,5 Jahren plötzlich der Große. Was hab ich geheult; sicher auch der Mischung des Hormoncocktails, der so über eine frisch gebackene Mama einbricht zuzuschreiben; aber auch aus Angst, ihm nicht mehr gerecht zu werden. Angst, die ich ja während der Schwangerschaft schon hatte.
Und was geschah? E hat sich auf Papa gestürzt und nicht er wurde die zweite Geige, sondern ich. Bam. Das verkrafte mal, du fragiles, zartes, verletztes Mutterherz.
Und doch geht es mir jedes Mal auf, wenn ich sehe, wie abgöttisch E seinen kleinen Bruder liebt, wie stolz er ihn allen vorstellt und sich daran erfreut, wenn O vor Spaß beim Blödsinn machen losquiekt wie ein kleines Ferkel. E hat dieses Geschwisterding gut weg gesteckt. Viel besser als ich. Wer hätte das gedacht..
Und was ist nun mit der Liebe?
Aber muss man nun seine Liebe teilen? Nein. Sie verdoppelt sich einfach. Verrückt oder? Jahrelang hab ich alle Mehrlingsmamas innerlich als Schwindler hingestellt.. ‚Jaja, ihr könnt mir ja viel erzählen‘ und ‚logisch, dass es keiner zugibt‘. Ich wurde eines Besseren belehrt.
Und liebe ich sie gleich? Nein. Gleich intensiv ja, aber eben auf verschiedene Art und Weisen. Während O eine noch vorrangig schützende, instinktiv geleitete Liebe bekommt, auch wenn er keinesfalls nebenbei läuft, wie das ja auch gern mal für zweite Kinder prognostiziert wird; kriegt E eine mit der Zeit gewachsene. Ich liebe ihn bewusster; für sein Wesen, mit all seinen Liebenswürdigkeiten und Allüren. Auch wenn ich immer noch eifersüchtig auf Johannes bin, heimlich versteht sich. Er wird immer mein Erstgeborener sein, das ändert jedoch in keinster Weise mein bedingungsloses und gleich starkes Empfinden beiden Kindern gegenüber. Ob sich das jemals ändern wird? Ich gelobe diese Frage stets ehrlich zu beantworten.